Die Sire Tele ist eine sehr interessante Gitarre mit vielen Stärken und ein paar leider größeren Schwächen. Hier mein Eindruck:
Positiv:
- Der Hals ist sehr gut. Die Rückseite fühlt sich toll an. Die runderen Griffbrettkanten sind auch ein schönes Detail. Die Bundhöhe ist gut gewählt - Jumbo aber auch nicht übertrieben.
- Der Hals/Korpus Übergang ist gut gelöst. Nicht irgendwie super modern flach und rund aber soweit vom klassischen Fender "Block" entfernt, dass es kaum jemand stören wird.
- Zwar ist die Optik des lackierten Griffbrettes gewöhnungsbedürftig, was die Haptik angeht, gefällt mir das aber sehr gut. Geröstetes Ahorn kann etwas sticky sein, wenn man bei Bendings in Kontakt mit dem Griffbrett kommt. Das ist besonders bei billigeren Marken wie z.B. HB festzustellen.
- Gestaggerte Locking Tuner, die die String Trees unnötig machen sind toll!
- Die Bundabrichtung ist gut - keine Deadspots. Allerdings wären richtig niedrige Saitenlagen dann doch erst nach Pleken oder Gitarrenbauer-Besuch möglich. Und dann ist da die Absenkung der Bünde zum Griffbrettrand hin... siehe unten.
- Die Brücke ist toll für die Preisklasse. Auf die beiden Seiten des Ashtrays hätte ich verzichten können, aber da scheiden sich die Geister. Die kompensierten Messing-Sättel elimieren schon mal eins der größten Probleme mit Teles generell. Allerdings neigt die gewählte Variante zum Verrutschen der Saite auf dem Sattel. Etwas mit Rillen wäre vielleicht noch besser. Dafür bietet die Brücke die Möglichkeit die Saiten zu toploaden, d.h. nicht durch den Body zu führen, sondern nur durch den Steg einzufädeln. Das ist TOP!
- Die Tonabnehmer sind mit Einschränkungen ziemlich brauchbar - kein Grund sie direkt austauschen zu müssen. Wer richtig hohe Ansprüche hat, wird das aber wohl doch in Erwägung ziehen. Das Hauptproblem scheint dabei der Stegtonabnehmer zu sein.
- Das Tonpoti hat einen guten Regelweg, knistert aber auch manchmal leicht beim drehen.
Negativ:
- Die Sattelkerben sind nicht tief genug. Das ist leider bei Fernost-Fertigung absoluter Standart geworden :( Dadurch leiden Saitenlage, Bespielbarkeit und Intonation in der Region der ersten paar Bünde. Ich bin mir leider fast sicher, dass wenn man die Sattelkerben perfekt macht, die E und H Saiten ohne String Tree leer nicht mehr sauber klingen. Denn schon jetzt ist der Winkel zu den Stimmmechaniken sehr flach.
- Der Steg-Tonabnehmer ist für mich nicht so gut gelungen. Ihm fehlt irgendwas in den Mitten. Er wirkt einen Hauch substanzlos. Nicht fürchterlich, aber merklich.
- Richtig problematisch finde ich, dass beide E-Saiten ständig wegen der sehr großzügigen Abflachung der Bünde zum Groffbrettrand hin, unsauber klingen oder vom Griffbrettrand rutschen. Ich fürchte, da hat die Online Hyperfixierung bezüglich fühlbarer Bundenden dazu geführt, dass Sire übers Ziel hinaus geschossen ist. Ja, man fühlt die Bünde kaum, aber dafür sind jetzt beide E-Saiten problematisch. Das kann man etwas durch Rumschieben auf dem entsprechenden Saitenreiter verbessern. Allerdings bleibt die Saite da nicht lange und na ja man hat dann ein etwas suboptimales String spacing.
- Die Gitarre ist ziemlich schwer - schätze so 3,8 kg.
- Die Korpusfräsung ist nur für einen Single Coil in der Halsposition ausgelegt. Das finde ich sehr schade, weil Humbucker- oder P90 Experimente damit nicht möglich sind.
- Der Regelweg vom Volume Poti ist schlecht. Brauchbare Veränderung nur in den letzten 30% oder so.
- Praktisch alle Schrauben an der Gitarre waren locker und eine der 4 Schrauben für die Halsbefestigung ist etwas schief reingeschraubt und greift darum nicht richtig.
Es ist tragisch! Eigentlich ein wunderbares Instrument, das man nach und nach uprgraden könnte. Die "Fret Bevels" sind für mich eine riesige Schwäche in der Konzeption. Ich frage mich wie das niemandem bei Sire aufgefallen ist.